Klinefelter-Syndrom und Kinderwunsch

Bis vor kurzem war die Diagnose Klinefelter-Syndrom zwangsläufig mit Zeugungsunfähigkeit verbunden. Ein bestehender Kinderwunsch war nur durch Adoption oder Einsatz von Spendersamen zu erfüllen. 

Bei der gezielten Erforschung des Klinefelter-Syndroms in den letzten Jahren fanden die Wissenschaftler bei einigen Heranwachsenden Spermien. Zwar tauchen diese häufig nicht im Ejakulat auf, können sich aber mit einer Hodenbiopsie (operative Entnahme von Hodengewebe) gewinnen lassen und sind zur späteren künstlichen Befruchtung geeignet.

Die erfolgreiche Auffindung und Entnahme der Spermien ist von einige Faktoren abhängig, die wir hier näher erläutern möchten:

Größte Chancen für die Auffindung von Spermien haben Jungen und Männer mit Testosteronwerten über 7,5 nmol/l und LH-Werten unter 17,5 U/L (die gemessene Erfolgsrate liegt bei ca. 53%). Wenn die LH-Werte höher oder die Testosteronwerte niedriger sind, ist die Erfolgsrate deutlich geringer.

Vor dem Beginn einer Testosterontherapie sollte daher geprüft werden, in welcher Höhe die o.g. Werte liegen und ob daraus resultierend eine Hodenbiopsie empfohlen ist und durchgeführt werden soll. 

Besteht bereits eine Testosterontherapie, so bedeutet dies aber nicht, dass eine Hodenbiopsie deshalb nicht mehr erfolgreich sein kann. Es ist dann notwendig, diese Testosterontherapie für mehrere Monate (empfohlen sind 9-12 Monate) auszusetzen. Bei niedrigen Testosteronwerten (unter 7,5 nmol/l) wird empfohlen, eine hCG Therapie durchzuführen. hCG (ähnlich dem Hormon LH) stimuliert den Körper, selbst Testosteron zu bilden. Das Hormon LH übernimmt beim gesunden Mann diese Aufgabe im Körper. Nach einer 4-6 wöchigen Therapie mit hCG sollte der Testosteronwert nochmals gemessen werden, um die Erfolgschance einer Hodenbiopsie erneut zu prüfen.

Inzwischen haben sich zwei Verfahren zur Hodenbiopsie etabliert: die TESE und die mikroTESE. Beide Verfahren sind auf dieser medizinischen Webseite ausführlich erläutert: Mikro-TESE und TESE » Andrologie Centrum München (andrologie-zentrum.de)

Außerdem liegen uns folgende Zahlen vor:

         TESE: bei 118 von 316 Patienten (37%) wurden Spermien gefunden (13 Publikationen, 1996-2015)

mikro-TESE: bei 170 von 276 Patienten (62%) wurden Spermien gefunden (6 Publikationen, 1996-2015)

Weiterführende Informationen erhalten Sie auch hier: http://www.informationsportal-kinderwunsch.de

Dieser Beitrag wurde am 21.01.2021 aktualisiert und gibt den aktuellen Stand der medizinischen Erkenntnisse wieder.